Peter Schwarz
Traberg, 13. 2. 2015
Lieber Peter,
wir sind heute hier und können die Ereignisse der letzten Tage gar nicht fassen.
Wir denken an dich, denken an Deine beiden Kinder, können es nicht glauben.
Jeder für sich versucht sich zu erinnern. Was habe ich zuletzt mit Dir gesprochen? Welcher Gedanke an Dich war es, der mich zuletzt beschäftigt hat? Was sind meine ersten Erinnerungen mit Dir? Was sind die prägendsten, die schönsten
Ich überlege, denke nach.
Meine vermutlich ersten bewussten Erinnerungen führen mich zurück in den Oktober 1978, an diesen Ort hier. Und ich glaube du warst es, der mir half, Großvater ein letztes Mal zu sehen. Damals war für mich alles so verwirrend, unverständlich – alle standen traurig hier, wo wir jetzt stehen. Nur, dass heute Du es bist, von dem wir Abschied nehmen müssen und es ist wieder unverständlich, unbegreiflich.
Jeder einzelne hier hat seine eigene Geschichte mit Dir, du bist der erste Sohn sicherlich stolzer Eltern in einer schweren Zeit.
Du bist der große Bruder, der für seine Geschwister die Vaterrolle hat übernehmen müssen und zu dem sicherlich viele aufschauen.
Du bist der Vater zweier Kinder, die jetzt das fühlen, das erleben müssen, was im Oktober 78 auch du – nicht viel älter als deine Kinder jetzt – erleben hast müssen. Susi und Stefan, ich sehe euch und denke an gemeinsame Zeiten zu Weihnachten, Ostern oder bei Familientreffen als Kinder in Traberg, bei denen ihr manchmal auf meinen Füssen gesessen seid, nur um den großen Cousin mich zu ärgern. Ich würde euch so gerne etwas sagen, das es euch leichter macht, das euch den Schmerz verringert. Ich kann es nicht.
Peter, du bist der Mechaniker, der Geschäftsmann, der für seine Kunden seine Leidenschaft so manch Freizeit opferte.
Für mich, Peter, bist Du der Onkel, bei dem ich wohl am längsten brauchte, um aufzutauen. Du warst für mich als Kind immer etwas unnahbar.
Erst als Teenager kamen wir uns kurz etwas näher. Du hast für mich, wohl mit etwas Fürsprache meiner Eltern, einen Ferialpraktikumsplatz arrangiert und weil danach noch eine Woche gefehlt hat, mich es bei dir in der Werkstatt abschließen lassen.
Ich ging nach der HTL, in der ich oftmals über das Feld blickend sagen konnte “die Werkstatt da drüben, die gehört meinem Onkel“, nach Wien und wir sahen uns meist nur zu den Familienfeiern. Erst als mit dem Motorrad und dann mit einem eigenen Auto ernst wurde, sahen wir uns öfter.
Du hast mir versucht zu erklären, woran es beim Auto diesmal gehapert hat, wie Du dieses und jenes nun doch soweit herstellen konntest um uns das Pickerl schlussendlich doch guten Gewissens geben hast können. Wichtig war dir dabei immer, dass Du mir verständlich machen konntest, was das Problem war und wie es gelöst werden konnte. Auch wenn wir dabei noch mal einen genauen Blick unter die Haube werfen haben müssen. Deine kostbare Zeit hast du uns geschenkt.
Unsere Beziehung zu einander wurde lockerer, gelöster und wir scherzen da und dort, und wurden ernst, wenn es nötig wurde.
Ganz selten bist Du mit einem Wunsch zu mir gekommen. Vor ein paar Jahren hatte sich Besuch aus Deutschland angekündigt und Du wolltest ihn zu etwas besonderem machen – mit dem Schiff auf der Donau über die Wachau nach Wien. „Nur was anstellen in Wien“ hast Du Dir gedacht?
Voller Freude und auch Stolz sagte ich dir unsere Hilfe zu. Und so – schuldend der Verspätung des Schiffes – unternahmen wir einen Nachtausflug. Du und die Gäste mit dem Auto, dem das Pickerl noch gegönnt worden war, Birgit und ich auf dem Motorrad voraus auf den Wiener Hausberg und wir genossen einen grandiosen Blick über das nächtliche Wien. Ich überraschte Euch alle mit einer Flasche Sekt und wir haben auf uns angestoßen. Wir brachten Euch mit Motorradbegleitschutz noch ins Hotel und das nach Mitternacht! Ich hoffe heute noch, dass Du Dir das damals so gewünscht hast und wir Dir eine Freude haben machen können.
Auch wenn es in unserer großen Familie zu meiner großen Freude bald Nachwuchs geben wird, so schmerzt mich der Verlust jedes einzelnen so sehr, dass dabei auch ein Teil von mir geht.
Du wirst für mich immer im leicht öligen Arbeitsmantel gewandet in der Werkstatt stehen und dein möglichstes tun, zu reparieren was notwendig ist.
Du wirst uns fehlen.